Zeigt her eure Füße...

Fußgänger in asiatischen* Städten

 

"Gute Güte, das ist ja das reinste Überlebenstraining hier!" Erschöpft sinke ich auf einen herumstehenden Eimer. "Da überquere ich ja lieber einen Ozean als diese Straße." Gerade habe ich im Zentrum von Yogyarkarta eine Hauptverkehrsstraße überquert, die so breit ist, wie die Flügel eines Kondors lang sind. Fliegenderweise zwar, aber so tief, dass ich zwischen den Autos hindurchflattern musste. Das war das "Überlebenstraining". Ich habe es unbeschadet überstanden, aber nun hocke ich etwas paralysiert auf diesem Eimer und schaue dem vorbeibrausenden Verkehr zu. Wenig geordnet strömen Autos und Mopeds dicht an mir vorbei. Kaum eine Lücke tut sich zwischen den Fahrzeugen auf. Es ist laut. Es stinkt.

 

 

 

 

"Warum machst du auch so einen Quatsch, Ernesto?", wirst du fragen. "Du kannst doch fliegen." Klar kann ich das und das tue ich auch in asiatischen Großstädten. Aber vor ein paar Tagen habe ich mich in Solo mit Julien und Annett, einem Paar aus Westeuropa, unterhalten und die haben mir vom asiatischen Verkehr aus ihrer Sicht erzählt. Dass sie sich nie trauen würden, hier selbst zu fahren. Schon gar nicht mit dem Moped. Dass es sie viiiiiiiieeeeeel Mut kostet, hier eine große Straße zu Fuß zu überqueren. Sie schaffen das so: Am Straßenrand nehmen sie sich an der Hand, einer guckt nach rechts, der andere nach links. Wer in Fahrtrichtung guckt, geht zu einem halbwegs passablen Zeitpunkt los und zieht den anderen mit. Ab der Mitte der Fahrbahn übernimmt der andere das wortlose Kommando. Wichtig sei es, hat Julien gesagt, die heranpesenden Fahrzeuge nicht aus den Augen zu lassen und damit zum Ausdruck zu bringen, dass man nicht bereit sei zu weichen. "Du musst dir vorstellen, das Auto hypnotisieren zu wollen", sagte er.

 

 

 

 

Außerdem wäre es enorm wichtig, eins zu wissen, ergänzte Annett. "Wenn die Leute aufblenden, heißt das bei uns: Bitte schön, du kannst gehen, ich lasse dich rüber. Hier heißt es genau das Gegenteil: Jetzt fahre ich, egal, was da kommt." Und das dürfte man nie, nie vergessen. Sonst ist´s echt vorbei. Ich konnte das alles nicht so recht glauben und deshalb habe ich diesen Selbstversuch gemacht. Jetzt glaube ich den beiden.

 

 

 

 

Und was haben die beiden noch gesagt? Hm... Genau! Dass die asiatischen Großstädte gar nicht auf Fußgänger ausgelegt sind. Das muss ich mir auch genauer angucken. Meinen Selbstversuch habe ich verdaut, also flattere ich gleich los und gucke mir die Straßen genauer an. Tatsächlich: Zebrastreifen? Komplette Fehlanzeige. Immerhin gibt es an den großen Kreuzungen Ampeln und die werden sogar respektiert. Bürgersteige? Meistens Fehlanzeige. Und wenn es sie dann doch mal gibt, dann... ja, dann... schaut selbst:

 

 

 

 

Und hier noch zwei extravagante Schmankerl im (immerhin!) Blindenstreifen:

 

 


Infos:

 

In Indonesien war ich im Juli/ August 2019.

 

* In anderen asiatischen Städten ist das übrigens auch so. Zumindest in Myanmar und Kambodscha und Iran kenne ich noch welche. Fällt mir jetzt so ein, wo ich drüber nachdenke.