Reise um die Erde in 8 Stunden

Marzahn/ Lichtenberg

 

Berlin ist so vielseitig und weltgewandt, dass man an einem einzigen Tag dort um die ganze Welt reisen kann. Man muss es nur geschickt anstellen. Wie das gehen soll? Ganz einfach: Fahre nach Marzahn – in die Gärten der Welt. Der verheißungsvolle Name hält, was er verspricht, sofern man der Meinung ist, dass Asien die ganze Welt ist. Der Lageplan vermerkt einen koreanischen, balinesischen, chinesischen, japanischen und orientalischen Garten, aber auch den italienischen und den christlichen Garten (Welche Welt auch immer man da vorfinden mag, weiß ich nicht. Er befand sich zu meiner Anwesenheit noch im Bau). Die Zeitverschiebung kriegt man übrigens gratis mit dazu geliefert: Ich hatte bei weitem noch nicht alle Gärten zur Genüge gesehen und –schwupp!- ist ein Tag vorbei. Also immer schön die Uhr im Blick behalten, wenn ihr jetzt die Bilder anschaut.

 

 

 

 

Wer das Berliner Asien mit der Tram M8 erreicht und verlässt, sollte unbedingt noch in Vietnam Halt machen und zwar an der Haltestelle Herzbergstraße/ Industriegebiet. Klingt nicht gerade sehr verheißungsvoll für euch Menschen, ich weiß. Aber wer ein Herz für … ja, für… Kitsch und Trash hat und davon auch eine ausgeprägte Dosis vertragen kann, sollte unbedingt hier aussteigen und sich in die Hallen des Dong-Xuan-Centers begeben. Dies ist der vietnamesische Großmarkt, in dem wahrscheinlich alle bundesdeutschen China-, Thai- und Korearestaurants ihre Ausstattung kaufen. Und alle bundesdeutschen Billigstklamottenläden ihre… naja – Kleidung.

 

 

 

 

Unglaubliche Massen gibt es dort an künstlichen Orchideen, Lilien, Bonsaibäumen, Palmen und anderen Pflanzen. Von der Vielfalt der Farben, Formen und Größen ganz zu schweigen. Kleidung: Vom billigsten knallroten Fetzenkleid aus Chiffon (oder so) über schicke Anzüge in schwarz, Nadelstreifen und metalliclila bis hin zu seidenglänzenden feinen Obis, Saris und Sarongs ist alles da. Horst Blue hat seinen glänzend türkisen Anzug bestimmt hier gekauft (s. Frankfurt – Kein Lied für Germany – Mein Abend: Das Video am Ende). Ein Pärchen beobachtete ich beim Kauf eines 100er-Packs von minikleinen pink-goldenen Gazesäckchen. Eine Frau kaufte sich gerade goldene Leggings, als ich vorbei flatterte. Alle drei sahen sie durchaus westeuropäisch und normal aus. Lichterketten mit 818 Birnchen, beleuchtete Wandbilder mit blinkenden Wasserfällen, winkende Glückskatzen, schwabbelige Buddhas, furchterregende Holzmasken, aufwändig geschnitzte Paravents… Es ist kaum fassbar für ein Rabenhirn, was es hier alles zu sehen und zu kaufen gibt, nicht einmal für ein Reiserabenhirn, das schon einiges hat verarbeiten müssen.

Fotos habe ich leider keine machen können, da man dies offensichtlich sehr ungern sah. Schlagartig wurden die Asiaten ebenso unwirsch wie sie vorher freundlich und einladend gelächelt hatten.

Meine ausgeprägte Verträglichkeit von Kitsch wurde hier tatsächlich überstrapaziert und ich musste das Gelände nach der Besichtigung von etwa zwei Drittel der Hallen vorzeitig verlassen. Aber bis dahin war´s hummelstark.

Und so verbrachte ich einen ganzen Tag im Berliner Asien und machte nebenbei auch noch einen Aus-Flug in die Filmwelt. Das Dong-Xuan-Center ist nämlich ein Schauplatz im übrigens echt empfehlenswerten Film „Die Friseuse“ von Doris Dörrie.

 

 


Infos:

 

Dong Xuan Center

Filmtrailer "Die Friseuse"

Gärten der Welt

 

In Berlin war ich im Mai 2013.