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Silence is golden

Stille

 

Mitten in der Nacht wache ich auf. Das ist nichts Ungewöhnliches, das passiert immer mal – Vögel sind schließlich keine Murmeltiere. Ich schüttele mich und anschließend hopse ich ein paar Mal auf meinem Schlafast auf und ab.

Und dann fällt mir etwas auf. Ich lausche, ich lausche genauer, doch es ist wirklich wahr. Völlig still liegt das Dorf da. Kein Tier gibt Laut, kein Brummen ist zu hören, kein Auto, ja nicht einmal das allgemeine ferne Rauschen, das in Deutschland fast immer zu hören ist. Alles um mich herum lausche ich ab. Doch ich höre tatsächlich – nichts. „Wie Sie hören, hören Sie nichts“, denke ich.

 

 

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Mein Schlafbaum steht in Breb, einem Dorf in Maramureş (sprich: Maramuresch), das ist ziemlich weit im Nordosten Rumäniens. Es liegt in den ersten Hügeln Karpaten, die sich nach Osten hin noch ordentlich in die Höhe schwingen.

Die Straßen von Breb sind teils asphaltiert, teils geschottert. An ihnen reihen sich locker Haus an Haus, sowohl altehrwürdige in traditioneller Bauweise als auch neue. Das Dorf ist deshalb recht weitläufig, zu beiden Seiten des Tälchens erstreckt es sich über die Hänge. Viele Menschen gehen zu Fuß, ab und zu kommt ein Auto vorbei.

Den Tag über hörte ich Menschen reden und lachen, Hühner gackern, eine Ziegenherde zog trappelnd und bimmelnd durch das Dorf, Hunde bellen. Ein kleiner alter Trecker tuckerte über das Feld. Alles in allem fand ich die Geräuschkulisse recht friedvoll.

 

 

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Ein paar Tage später. Am Abend hocke ich nach vollendetem Tagwerk auf einem Ast in einem idyllischen Bachtal. Das Wasser plätschert munter über die Felsen in seinem Bett. Der Wind rauscht durch die Wipfel der Nadelbäume. Immer mal knackt ein Ast im umliegenden Wald. Ein letzter Vogel zwitschert sein Abendlied, die anderen schlafen schon. Ah, tut das gut!

Ich lausche und bin ganz still. Mit keinem Mucks will ich dieses akustische Idyll stören. Es dauert nicht lange und ich merke, dass ich auch innerlich ganz still werde. Ich genieße das. Gelassenheit macht sich in mir breit und schließlich stelle ich fest: Naturgeräusche sind sehr entspannend, ja geradezu kontemplativ. Ich schlafe ein. Schließlich hat ja auch die Nacht begonnen...

 

 

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„Verflixt, was ist das für ein scheußlicher Lärm?“ Ein Auto brettert an meinem Schlafbaum vorbei. Wäh! Noch eins. Und noch eins – das stinkt auch noch. Jetzt fährt ein leerer Holzlaster vorbei und füllt mit seinem Dröhnen und Scheppern das ganze Tälchen aus. Aus ist es mit der Nachtruhe und mit der stillen Kontemplation des Vorabends sowieso.

 

 

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Seufzend beende ich meine gemütliche Nacht und bemerke, wie unbedacht ihr Zweibeiner Lärm emissoniert (emissioniert – sagt ihr das so?). Dabei macht Lärm euch doch auch krank, habe ich gehört.

In den Nordkarpaten Rumäniens gibt aber zum Glück noch eine Menge Orte, an denen ganz viel Natur zu hören ist. Immer wieder freue ich mich auf meinem Aus-Flug über die meditative Stille und wünsche jedem von euch eine ordentliche Portion davon. Sie tut echt gut.

 

 

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Eine Weite voll stiller Orte!

Infos:

 

In Maramures und der Bukowina war ich im Juli/ August 2022.