Faun und Fieselregen

Donau-Auen Nationalpark samt Museum in Orth

 

„Später haben sich auf dieser unscheinbaren noch jungen Kiesinsel mitten in der Donau kleine Pflänzchen angesiedelt. Zuerst Gräser, danach größere Kräuter und schließlich sogar die ersten Büsche.“ Das erzählt mir eine Lautsprecherstimme. Ein schmächtiger Mann mit buschigem Zopf in khakifarbener Rangerkleidung steht währenddessen mitten in dem überdimensionierten Papiertheater, vor dem ich hocke, und schiebt passend zur Ansage die riesigen Kulissen hin und her. Auch eigene Kommentare kann er sich nicht verkneifen. Sogar Faun kommt in dieser Geschichte vor und –ehrlich gesagt- so wie der Mann auf der Bühne spricht und sich bewegt, hat er große Ähnlichkeit mit diesem sympathischen Waldgeist. Es macht mir großen Spaß, ihm zuzusehen. Die großen Stellwände sind liebevoll bemalt mit einer Wildschweinfamilie, einem wahren Dschungel aus Ästen, Blättern und knorrigen Stämmen, aber auch mit einem flachen Kieselhaufen. Selbst der Vorhang samt herzallerliebsten Verzierungen ist gemalt.

 

 

 

 

Orth heißt der Ort, an dem ich mich befinde, genauer: im Schloss. Hier ist das Zentrum des Nationalparkes Donau-Auen untergebracht. Es gibt ein kleines aber äußerst bezauberndes Museum und ein Teil davon ist ebendieses Theater, das den Besuchern die Entstehung der Donau-Auen lebendig, anschaulich und somit gut verständlich erklärt. So verständlich, dass sich das sogar ein kleiner Plüschrabe merken kann: Durch Strömungsunterschiede im Fluss passiert es, dass die Donau manchmal mittendrin Sand oder Kiesel ablagert. Es entstehen kleine Inseln, die entweder durch stärkere Strömung später wieder weggespült werden oder –wenn sie lange genug Bestand haben- von kleinen Pflanzen wie Gräsern und Kräutern besiedelt werden. Sie festigen den lockeren Sand- oder Kieselboden. Er kann nicht mehr so leicht weggespült werden. Größere Pflanzen siedeln sich an: Erst Büsche, dann Bäume. Parallel dazu ziehen auch Tiere auf der Insel ein. Immer wieder greifen die Donauwasser in dieses Geschehen ein. Sie überschwemmen die Insel, lagern weiteres Material an, reißen welches weg, vergrößern und verkleinern das Eiland, verlagern es vielleicht auch ein bisschen zum rechten oder zum linken Ufer. Somit ändert sich auch der Lauf der Donau immer wieder ein wenig und durch die veränderten Bedingungen entstehen oder vergehen an anderer Stelle wieder Inseln. Das hab´ ich alles in dem kleinen aber feinen Stück auf der Papiertheaterbühne gelernt.

 

 

 

 

Auch die anderen drei Räume des kleinen Museums enthalten jeweils ein Medium, das uns Gästen die Fauna und Flora, die Geschichte und die Besonderheiten des Nationalparks näher bringt. Unser Faun führt die kleine Gruppe Menschen und den Reiseraben durch dieses Kleinod, erzählt uns voller Enthusiasmus von den Altarmen, den Kieseln, den Greifvögeln, den Silberweiden und dem sich ständig verändernden Lauf der Donau. Er erzählt uns auch, was die Menschen dort tun um einerseits die einmalige Landschaft der Auen weiter zu renaturieren und zu erhalten und andererseits die Donau in ein möglichst konstantes Flussbett zu zwingen, damit keine Zifi… Zig… Zi-vi-li-sation gefährdet wird. Sie haben Dämme gebaut, lang und gerade wie ein Storchschnabel. Zwischen den beiden Dämmen rechts und links kann die Donau machen, was sie will, aber die Deiche sorgen dafür, dass sie das eben nur dort tut.

 

 

 

 

Ziemlich genau das habe ich an diesem Tag gefühlte vier Stunden lang gesehen – OBWOHL ich weitergeflogen bin. Die Einsamkeit haben viele Tiere genutzt, um die seltene Gattung eines Reiseraben auf Reisen zu begutachten: Rehe sprangen wie zufällig über den Weg, ein Fuchs stellte sich offen in die Schneise und schaute mir mit seinen großen dunklen Augen staunend nach und ein Schwan untersuchte in einem stehenden Altgewässer gründlichst eine Seerose während ich vorbeiflog, schielte dabei aber immer wieder nach oben. Geheimnisvolles Zwitschern drang aus den Wäldern; zwitschern, dessen Urheber nicht mal ICH kenne.

 

 

Sie war etwas missmutig.
Sie war etwas missmutig.

 

 

Ich fand es sooooooooo schade, dass das Wetter sooooooooo bescheiden war, denn zu gerne wäre ich durch die Wälder gestreift und hätte seltene Pflanzen oder Tiere getroffen. Auch eine Führung, die mir noch mehr Geheimnisse über die Auenwälder im Nationalpark erzählt, hätte ich hummelstark gefunden. Aber leider machte der fiese Fieselregen meinen Flokati immer klammer und irgendwann wollte ich mich nur noch in ein warmes Nest in Bratislava einkuscheln. Deshalb rate ich euch dringend: Solltet ihr in die Nähe des Nationalparks Donau-Auen kommen, nehmt euch einen Tag Zeit und erforscht die Wälder und das Museum, das übrigens auch eine sehr sehenswerte kleine Außenanlage hat. Ich glaube, am meisten kriegt ihr mit, wenn ihr eine Führung macht.

 

 


Infos:


Hier stellt sich der Nationalpark vor.

Das hier ist die Spezialseite zum Museum.


An der Donau war im August 2015.