Es esse ein jeder, was er kann – alle Mann ran!

Kulinarisches

 

Ich hocke auf einer geblümt-karierten Plastiktischdecke und schlürfe die Gemüsesuppe vorsichtig aus einer Plastikschale mit 70er-Jahre-Muster. Sieben Meter neben mir pesen absurd überladene Laster und ein Schwarm Mopeds auf der Nationalstraße 3 vorbei.

 

 

 

 

Die Suppe schmeckt klasse und ist typisch kambodschanisch. Viel Gemüse gehört rein, dazu wahlweise lockige Instantnudeln oder Reis. Je nach Geschmack gibt es sie auch mit Fleisch oder Fisch. Sie ist der perfekte Mittagssnack und dass sie aus einem Stand neben der viel befahrenen Straße stammt, ist hier üblich. Sowohl die Stände als auch die einfachen Lokale haben ihr Mobiliar direkt am Rand der Hauptverkehrswege platziert. Ich finde das hummelstark, denn dann kann ich auch beim Essen über das pralle Leben auf den kambodschanischen Straßen weiterstaunen.

 

 

 

 

Ihr seht: Man kann beim Essen nicht nur über das Treiben auf der Straße staunen. Man kriegt selbst direkt am Stand etwas geboten. Bemerkenswert ist übrigens auch der Stand selbst. Diese Miniküche ist quasi der Seitenwagen eines handelsüblichen Mopeds. Wenn ihr genau schaut, seht ihr es gleich rechts vom Crêpeskoch. Nachdem die losen Utensilien im Unterschrank verstaut sind, wird der Koch zu Mopedfahrer, wechselt den Standort und wird wieder zum Koch. Im Prinzip ist das die moderne Form der guten alten Garküche. Manche von ihnen haben einen Sonnenschirm und er wird auch beim Fahren nicht zugeklappt.

 

 

Essen mit Freunden in einem ganz normalen Lokal.
Essen mit Freunden in einem ganz normalen Lokal.

 

 

Überhaupt sind die warmen Mahlzeiten hier köstlich. Im Prinzip sind sie wie indisches oder thailändisches Fu… Essen auch: Eintopf mit Reis. Aber die Khmer kochen sehr viel mit Kräutern. Die Gerichte sind immer grün gesprenkelt und Zahnträgern wie euch Menschen sei es immer nahegelegt, danach einen breit lächelnden Blick in den Spiegel zu werfen und nach den Kräuterhackseln zwischen den Zähnen Ausschau zu halten. Die noch viel prägendere Zutat ist allerdings Limone oder Zitrette... äh - Zitrone, egal ob in Form von Saft, Stückchen oder Zitronengras. Das schmeckt hier übrigens NIE nach Seife. Ich persönlich liebe diese leicht sauren Eintöpfe, weil sie so toll erfrischend sind.

 

 

Abendessen auf der Promenade in Battambang
Abendessen auf der Promenade in Battambang

 

 

Ein weiteres wichtiges Würzmittel -neben den Kräutern- ist die Fischsoße. Die Kambodschaner sind sehr stolz darauf und scheuen sich nicht, die Originalität und Qualität dieses Nationalgewürzes zu rühmen. Sie schmeckt im Großen und Ganzen wie Maggi mit einem Hauch von... Fisch. So wird sie gemacht:

 

 

 

 

An manchen Tagen mache ich nachmittags an einem der vielen Stände Halt für das eine oder andere Ess-Experiment. Meistens sind diese Dinge gebraten oder frittiert worden und werden kalt verkauft. „Aber gegart wurden sie ja mal“, denke ich mir. Der unbedingt befolgenswerte Grundsatz „Koch es, schäl es oder vergiss es“ trifft somit zu. Also bestelle ich etwas aufgeregt: „Som sra moi (Ich möchte eins)“ und zeige mit meinem Plattfuß auf die Schlangenstückchen. Die schmecken intensiv nach Hühnchen. Mehr davon! Ein andermal gibt´s Heuschrecken, aber die schmecken eigentlich nur nach dem sie umgebenden Gewürz. Eines Tages nehme ich mir ein Herz und bestelle das da:

 

 

 

 

Es kam, wie es kommen musste: An so etwas verdarb ich mir meinen ansonsten so robusten Allesfressermagen. So richtig gründlich. Später erklärte mir Phally, mein absoluter Lieblings-Kambodschaner: „Durchgegart sind sie ja, aber dann liegen sie manchmal tagelang am staubigen Straßenrand. Oder vielleicht war das Frittierfett alt.“ Pfui Spinne. Ich habe gelitten, aber ich habe wieder etwas gelernt: Von bereits erkalteten Dingen ist trotz des vorherigen Garens abzuraten.

Da sieht man´s mal wieder: Reisen bildet.

 

 


Infos:

 

Noch ein Tipp, der harmlos wirkt, aber ein weiterer Baustein ist, um verweichlichte europäische Mägen vor dem Verderben zu schützen: Wische Besteck und Teller möglichst noch einmal gründlich mit einem Papiertuch ab. Verfahre ebenso mit dem Glas oder trinke am besten mit einem Halm aus der Dose.

 

In Kambodscha war ich zum Jahreswechsel 2015/16.