Dünnbrettbohrer? Süßholzraspler? Mitnichten!

Bootsbauer

 

„Rääääääääääääng – räähäääähääääähääääääääääng“ Mit ohrenbetäubendem Lärm frisst sich das Sägeblatt der Länge nach durch einen Baumstamm und schneidet ein Brett ab. Es ist das knapp ein Meter lange Blatt einer Motorsäge und wird freihändig geführt von einem jungen Indonesier. Das Brett wird schnurgerade.

 

 

 

 

Er hat es passgenau zugesägt für die Seitenwand eines Schiffes, das ganz aus Holz gebaut wird. Der Motorsägenmann hat 12 Kollegen und zusammen bauen sie an dem Schiff ca. 2 Jahre. Und zwar nicht, weil sie faul sind, sondern weil sie jedes kleinste Detail maßgeschneidert von Hand machen. Wie das Zusägen des Brettes. Sie können die Bauteile sogar ohne Nägel verbinden. Aber das tun sie meistens nicht, denn sonst würde das ganze Unterfangen NOCH länger dauern.

 

 

 

 

Ich bin am Strand von Pinisi. Das Dorf liegt ganz im Südosten von Sulawesi, gleich neben Bira. So klein es ist, so fein ist es auch, durch die ansässigen Bootsbauer. Es gibt mehrere Unternehmen und viele Schiffe in unterschiedlichen Bauphasen liegen nebeneinander am Strand. Manche werden geschützt von einer Art Garage, andere können den Wettereinflüssen schon alleine trotzen.

 

 

 

 

Später flattere ich beeindruckt an ein Schiff heran, vorbei an dem Motorsägenmann, hocke mich auf einen Balken und gucke auch seinen Kollegen beim Bauen zu. Ich gucke lange und fasziniert bis sie Feierabend haben. In dem Moment unterhalte ich mich gerade mit dem Chef und tue meine Bewunderung kund. Ich könnte das nie, das mit der Motorsäge z.B. Da bietet er mir an, dass ich jetzt, wo keiner mehr da ist, ganz alleine auf das Schiff könne zum Weiterstaunen. Schnell mache ich mich auf den Weg.

Ich staune tatsächlich weiter: über die Exaktheit ihrer Arbeit (wie bei einem Buchfinkennest), über die wunderbar glatte Holzbearbeitung, über das Design des Schiffes. In der Tat sieht es aus, als sei es aus einem Guss gemacht und nicht aus einzelnen Teilen zusammengefügt. Es ist kein Schiffsbauch mit später draufgeklatschtem Aufbau, sondern ein einziges großes... ja, Gesamtkunstwerk, muss man sagen.

 

 

 

 

Ich denke zurück an Nordsulawesi. Da gibt es so etwas Ähnliches in Hausform. Von Hand werden alle Teile des Holzhauses hergestellt und zusammengefügt. Allerdings machen die das so, dass das Wohngebäude wie ein Baukastensatz wieder auseinandergenommen, in einen Container verpackt und verschickt werden kann. Auch dort bauen sie furchtbar exakt und genau und glatt und überhaupt. Auch dort hockte ich in der Wiese und schaute beeindruckt zu.

 

 

 

 

Auf meiner Weiterreise habe ich später übrigens noch viele Holzschiffe im Meer schwimmen sehen und war mir sicher, die Pinisi-Boote unter ihnen auch aus der Ferne zu erkennen: an ihrem stimmigen Design und der Passgenauigkeit eines Buchfinkennestes.

 

 


Infos:

 

In Indonesien war ich im Juli/ August 2019.