Die ganze Welt in der Einsiedelei

Kloster Weltenburg

 

Auf meinem Zug gen Osten näherte ich mich nach und nach Kloster Weltenburg (kurz vor Kelheim). Und eines Tages war es so weit. Das Tal wurde immer enger, idyllischer und friedlicher. Ein klitzekleines Bauerndorf, alte Ackergeräte, wuchernde Wiesen. Felsen tauchten wieder in den Wäldern auf. Unverkennbar war ich kurz vor dem Donaudurchbruch und damit noch kürzer vor dem Kloster Weltenburg. Ich schnaufte so tief durch wie es ein kleiner Rabe eben kann und bereitete mich auf einen krassen Stimmungswechsel vor, wusste ich doch, dass dies eine DER Touristenattraktionen meiner Donaureise ist - sprich: ich auf viele Touris treffen werde. Schließlich tauchte vor mir tatsächlich das erste kleine Café auf und eine Souvenirbude. Ein Parkplätzchen, an das sich ein langer asphaltierter Weg anschloss, der offensichtlich zum Kloster führte. Aber: Der Weg war so lang! Wie sollen denn fußkranke Zweibeinertouristen dieses Kloster erreichen? Soll ja schließlich kein Kreuzweg sein. Vielleicht waren deshalb auch prompt keine Leute da. Kaum ein Mensch war zu sehen. Hatte das Kloster heuer geschlossen? Es war sehr merkwürdig. Eigentlich sollte die Abtei viel besser Kloster WeltENDEburg heißen. Fand ich irgendwie passender, so ausgestorben wie das hier war. Fehlten nur noch Geier, die Endzeitvögel.

 

 

 

 

Ich flatterte also kurz über dem Asphalt den schnurgeraden Weg entlang (schließlich sieht ein enges Tal von unten am besten aus). Ich bog um eine Kurve – und traf auf eine Wand aus wuselnden lärmenden Touristen! Wo kommen die denn so plötzlich alle her?? Sind die vom Himmel gefallen? Bald stellte ich fest: Man kam mit dem Schiff von Kelheim, sprich: Ich hatte mich quasi durch die Hintertür angeschlichen. Wild mit den Flügeln schlagend, laut und heiser krächzend rauschte ich dicht über ihre Köpfe hinweg. Den Spaß muss ich mir manchmal erlauben. Dann stürzte ich mich in den Urlauberwahnsinn in der Kirche und im Biergarten.

 

 

 

 

 

Im Biergarten kam ich immerhin so zur Ruhe, dass ich das Nachdenken anfing. Und ich fand: Irgendwie passt der Name Kloster WeltENDEburg doch, wenn man nämlich an die alten tourifreien Zeiten zurück denkt. Geradezu einsiedlerisch muss es hier gewesen sein, so mitten drin in der Idylle, nur auf dem Wasserweg erreichbar. Und das zu Zeiten von Ruderbooten, Flößen und Treidelschiffen. Und – ganz ehrlich-, wenn die hier keine Asamkirche hätten, würden die Ausflugsdampfer direkt am Donaudurchbruch wenden und es wäre heute noch die reinste Einsiedelei. Wer mir nicht glaubt, schaue sich unbedingt das Luftbild auf der Internetseite der Brauerei an. Da sieht man nämlich wunderschön, wie einsam die Anlage angelegt ist.

 

 

 

 

Nun gut, sie haben aber nun mal die Asamkirche und das rettet der Abtei wahrscheinlich die Existenz. Auch ich trug ja zu ihrer Erhaltung bei, indem ich im Biergarten vesperte, trank und mich mit anderen netten Reisenden unterhielt. Die waren quasi auch am arbeiten (so wie ich), weil die beiden Lehrer eine Klassenfahrt betreuten und mit ihren Schülern auf Zillen die Donau hinunter fuhren. Zillen? Hä? Ich lernte: Das sind diese langen Ruderboote, die ich seit Ingolstadt schon immer mal beobachtet hatte. Und dabei stellte sich heraus: Das waren nicht IRGENDWELCHE Zillen, die ich gesehen hatte, das waren genau die der Schülergruppe! Und in Ingolstadt waren sie zum gleichen Zeitpunkt in der Asamkirche wie ich! War quasi eine Asamklassenfahrt. Leider mussten wir bald wieder unsere eigenen Wege flie…, ja doch, fliegen und rudern.

 

 

 

 

Aber das mit der Zille fand ich äußerst reizvoll. Das klang, als würde das einen Haufen Spaß machen. Außerdem war ich ziemlich müde. Da meine Flügel bekanntermaßen nicht für´s Rudern gemacht sind, habe ich mir eine Zille samt Kapitän gemietet, ganz für mich alleine! Der Kapitän erzählte übrigens, dass er aus Friedberg stammt und dass er Elvis kennen gelernt hat, als der dort stationiert war. „War ein feiner Kerl, der Elvis“, sagte er. „Aber er hat ein paar Typen dabei gehabt, die waren´s nicht.“ Zille und Kapitän brachten mich dann sicher durch den Donaudurchbruch und setzten mich kurz vor Kelheim am Ufer ab. Das war mit gebucht und wurde deshalb eingehalten, auch wenn ich ja locker von der Zille aus hätte losfliegen können. Das gehört sich auch so, war schließlich teuer genug für die knapp 20 min.

 

 

 

 

Die letzten drei Kilometer bis zu meiner Unterkunft in Kelheim schaffte ich federleicht. Ortsbesichtigung, schön futtern, abhängen und schlafen gehen, die üblichen Abendrituale halt.

 

 

Die Stadtapotheke in Kelheim
Die Stadtapotheke in Kelheim

Infos:

Über die Asambrüder bei Wikipedia

Kloster Weltenburg: Homepage des Ordens

Kloster Weltenburg im schlauen Wikipedia

Über´s Klosterbier: Hier gibt´s das einsiedlerische Foto. Bitte würdigt auch gebührend die Altersbeschränkung.

 

An der Donau war ich im Juli 2012.