Alle Steine fliegen hoch!

Vulkanismus

 

Also, Vulkane, ihr Lieben, sind für mich absolut faszinierend und das war für mich einer der Gründe, La Palma zu besuchen. Aber ich finde auch, dass ich ein durchaus vulkanerfahrener Reisevogel bin (Indonesien, Island) und insofern dachte ich, dass ich hier nichts zu sehen bekomme, was ich nicht schon kenne, sondern freute mich darauf, einfach in Vulkanismus schwelgen zu können.

 

 

 

 

Doch schon am ersten Tag wurde ich für meinen Hochmut Lügen gestraft. Vielleicht erinnert ihr euch noch daran, dass im September 2021 ein Ausbruch stattgefunden hat, bei dem ein funkelniegelnagelneuer Vulkan entstanden ist. Tajogaite heißt der. Aber so neugierig bin ich ja dann doch, dass ich gleich am ersten Tag meines Aus-Fluges zu ihm hingepilgert bin.

Und prompt kam ich wieder ins Staunen! Wie riesig der ist! Das ist alles neues Material mitten aus dem Herzen der Erde und vorher war da – nichts! Einfach nur nichts.

 

 

 

 

Nicht nur das: Noch nie habe ich gesehen, dass ein Vulkan so direkt in die Zifi-... Zovi-... äh... Zivilisation eingreift! Ich hockte mich mitten auf den erkalteten Lavastrom, neben mir ragte die Ruine eines Wohnhauses aus dem schwarzen Gestein mit schiefem Dach, kaputten Fenstern und einer Terrasse, die direkt über der Lava lag. Ich starrte das Haus an. Als ich den Blick endlich abwenden konnte, entdecke ich die Häuser in direkter Nachbarschaft: Nur noch ihre Dächer schauen aus dem schwarzen Steinmeer heraus – und zwar auf der Höhe der Terrasse knapp über der Lava. Somit ist das gar keine Terrasse, sondern ein Balkon im ersten Stock! Das Erdgeschoss ist völlig versunken.

Ich lasse meinen Blick weiter kreisen wie ein Raubvogel auf der Jagd. Wiederum erst auf den zweiten Blick fällt mir auf, dass die Büsche auf dem Lavastrom gar keine Büsche sind, sondern Baumkronen von großen Bäumen.

 

 

 

 

Drei wichtige Verbindungsstraßen zwischen Los Llanos und der Südspitze hat der Tajogaite verschüttet. Eine wurde bereits wieder gebaut. Sie ist noch funkelniegelnagelneuer als der Vulkan und das sieht man ihr an. Schöner glatter Asphalt, glänzende Leitplanken, luxuriös ausgebauter Radweg nebendran, makellos weiße Markierungen. Aber sie führt durch völlig totes, trostloses Gelände: Kein Baum, kein Strauch, kein gar nichts – nur schwarze Geröllwüste. Am Rand des Lavastroms schauen linke oder rechte Haushälften heraus, eine Zunge floss von hinten durch das gesamte Wohnzimmer und füllt es bis zur Terrassentür aus.

 

 

 

 

Das Dorf Todoque gibt es nicht mehr. Es wurde von der Lava vollständig überströmt. Puerto Naos dagegen hatte Glück, denn die Lavazunge floss genau daran vorbei. Allerdings treten auch 2,5 Jahre nach dem Ausbruch noch giftige Gase aus und deshalb ist der gesamte Ort abgeriegelt. Jede Zufahrt ist mit Bauzäunen versperrt, dahinter ist ein leergefegter Geisterort zu sehen. Das wird sich allerdings zu gegebener Zeit ändern, denn das Städtchen ist an sich unbeschädigt und hat die meisten Hotelbetten La Palmas.

 

 

 

 

Das klingt jetzt alles sehr düster und dystopisch, aber so bitter das für die betroffenen Einheimischen ist: Es gehört zu ihrem Inselalltag. Nur so kann ich mir in meinem kleinen Rabenhirn erklären, dass mir eine Frau freimütig, ja fast ein bisschen heiter erzählt von ihrem Neuanfang mit einer Handvoll Ferienhäuschen, nachdem sie ihr Wohnhaus samt Grundstück verloren hat.

 

 

 

 

Für mich als Reisenden halten die Lavafelder immer wieder hummelstarke Bilder bereit. Nicht zuletzt die unfassbar steilen Hänge, die riesige Caldera und die tiefen Schluchten sind den Vulkanen zu verdanken. Solch faszinierende Landschaft wiederum lockt nach einer gewissen Zeit Touristen an, die somit den betroffenen Einheimischen eine neue Lebensgrundlage ermöglichen. Es ist halt wie so Vieles im Leben: Ein Kreislauf.

 

 


Infos:

Hier findest du einen ganzen Haufen Wissenswertes über La Palma.

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Auf La Palma war ich zum Jahreswechsel 2023/24.