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Morgen gibt´s Schlachtplatte

Makaber

 

„Welcome! Please sit down and take some tea.“ Ich bin noch gar nicht richtig auf der Wiese zwischen den Pavillons mit den vielen Leuten angekommen, da werde ich schon begrüßt. Jemand führt mich in einen der Pavillons und weist auf den Tee und die Naschereien, die dort bereit stehen. Äh, ich wollte doch eigentlich nur mal kurz vorbeigucken. Aber schneller als ich mit dem Schnabel klappern kann, bin ich Gast auf dieser Beerdigungszeremonie des Torajavolkes auf Sulawesi. Die Bestattungsfeiern und überhaupt der ganze Totenkult der Toraja sind berühmt und DAS Touristenziel auf Sulawesi. Das ganze Leben der Volksgruppe ist auf dieses Ereignis ausgerichtet. Nach Möglichkeit graben sie schon zu Lebzeiten ihre Grabstätte, die wichtigsten Feiern sind die Totenfeiern und das diesseitige Leben wird nur als Zwischenstation betrachtet auf dem Weg zum Dasein danach. Vom Dasein danach haben sie übrigens nur eine vage Vorstellung, aber nach ihrem Verständnis ist es auf jeden Fall etwas paradiesisch Gutes.

 

 

Die vage Vorstellung vom paradiesisch guten "Dasein danach"
Die vage Vorstellung vom paradiesisch guten "Dasein danach"

 

 

Ich schaue mich um: Direkt bei mir hocken zweibeinige Touristen und andere Zaungäste. Es gibt noch viele weitere Pavillons und insgesamt sind mehrere hundert Gäste da. Die Stimmung ist ruhig und entspannt. Man hat gerade gegessen und verdaut nun. Gespräche tröpfeln dahin. „Gemütliche Veranstaltung“, denke ich.

 

 

 

 

Irgendwo quiekt ein Schwein ziemlich laut und ziemlich vehement. Plötzlich ist wieder Ruhe. Ich komme mit dem indonesischen Reisenden neben mir ins Gespräch. „Die Pavillons wurden extra für diesen Tag aus Bambus, Stoff und Planen gebaut“, erzählt er mir. Nach der mehrtägigen Feier würden sie wieder abgerissen. Wiederum ein jähes, diesmal ziemlich erbärmliches Schweinequieken übertönt ihn. Und jetzt sehe ich es:

 

 

 

 

Wie konnte ich das bisher übersehen haben! Direkt vor meinem Schnabel steht dieser Männerpulk und hantiert ganz selbstverständlich mit den Tierteilen. Ich erfahre: Jede Gastfamilie bringt ein Gastgeschenk mit. Habe ich auch gemacht - in Form einer Stange Zigaretten. Es war ein Akt der Höflichkeit. Aber für die Einheimischen steht viel mehr auf dem Spiel: Ihr Ansehen. Es steht in direktem Zusammenhang mit dem Wert der Geschenke. Am wertvollsten sind große prächtige graue Wasserbüffel, dann kommen Schweine. Oft bringt eine Familie mehrere Tiere mit, die am Schlachttag der Zeremonie umgebracht, vor aller Augen zerlegt und herumgetragen werden.

 

 

 

 

Ich muss mich an den Anblick schon erst einmal gewöhnen und einen gewissen Ekel herunterschlucken bei all dem Blut und anderen... ungewohnten Anblicken. „Aber was soll´s“, denke ich bald. Das gehört halt auch dazu zum – Leben. Bei mir zu Hause seid ihr große Meister darin, Tod, Sterben und das Tote an sich ganz weit weg zu schieben und zu verdrängen. Aber nicht auszudenken, wie die Welt aussehen würde, wenn zwar immer neue Lebewesen geboren werden, aber keines stirbt. Und Fleischesser sollten sich den Prozess zwischen der Kuh auf der Weide und dem Stück Fleisch auf dem Teller ruhig vergegenwärtigen (im wahrsten Sinne des Wortes). Nicht um militante Vegetarier zu werden, sondern um bewusst die Entscheidung treffen zu können, wie viel und welches Fleisch sie essen möchten.

 

 

 

 

Überhaupt ist Sulawesi das makaberste Urlaubsziel, das mir je begegnet ist. Was habe ich in den zwei letzten Wochen nicht alles gesehen:

 

 

 

 

Klar finde ich es äußerst schräg, das ganze Leben hier auf den Tod und das angebliche Leben danach auszurichten. Aber die Erlebnisse mit den Sulawesiern (sagt ihr das so?) haben mir einmal mehr bewusst gemacht: Tod und Sterben sind zwar nicht schön und furchtbar traurig, aber sie gehören unumgänglich zum Leben dazu. Und ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht: Der Tod verliert seinen größten Schrecken dadurch, dass ich mich immer wieder mit ihm beschäftige.

 

 


Infos:

 

In Indonesien war ich im Juli/ August 2019.