Ernestos Schatzkistchen

Liebenswerte Anekdoten und Orte

Lilians Musikzimmer irgendwo an der Südküste
Lilians Musikzimmer irgendwo an der Südküste

 

In Island ist es still. Sehr still sogar, wenn man nicht gerade in der Nähe eines Wasserfalles ist. Speziell im Hochland hört man nicht einmal einen Vogel piepen. Umso mehr fällt es auf, wenn das dann doch mal der Fall ist. Häufig waren dies mir sehr vertraute Klänge: Raben! Davon gibt es auf dieser Insel recht viele und ein ums andere Mal habe ich mit ihnen gekrächzt. Das ging sogar ganz gut, der isländische Rabendialekt ist für deutsche Rabenohren leicht verständlich. Was ich aber wirklich lustig fand: Die können nicht nur krächzen, sondern auch irgendwie andere Laute von sich geben, die ich noch nie von meinen Artgenossen gehört habe. Sie können… jaaa, äh, irgendwie hört es sich an, als würde ein Mensch mit der Zunge schnalzen. Oder wie wenn der Wind durch ein Bambuswindspiel mit nur einem Ton weht. Irgend so ein kurzes klangvolles Klopfen. Ein schönes Geräusch. Ich habe es aber leider nicht geschafft zu artikulieren, trotz intensiver Erklärungs- und Übungsversuche.

Aber dafür habe ich was anderes Tolles gelernt, zumindest ein bisschen: Riti… nein, tirilieren! An einem Tag habe ich nämlich doch mal ein süßes liebliches Vogelstimmchen in den windigen Weiten des Landes trillern gehört. Und das auch noch ziemlich virtuos. Das fällt dort auf. Ich folgte den ungewöhnlichen Klängen und traf Lilian, eine kleine… ähm... – vergessen. Mist. Jedenfalls war sie verdientermaßen Gesangslehrerin und ich bekam spontan eine Stunde Unterricht.

 


 

Ich liebe es zu reisen und ich höre gerne Musik. Was liegt da näher, als Musik aus aller Welt zu sammeln. Wann immer ich also in einem fremden Land bin, versuche ich, a) einen CD-Laden zu aufzutreiben und b) dort möglichst zügig landestypische Musik zu finden, die mir so gut gefällt, dass ich sie mir in meinem heimischen Nest anhören mag. Das ist bei weitem nicht so einfach, wie es klingt. In Reykjavík ist es allerdings ziemlich einfach. Da gibt es auf einer der beiden Hauptstraßen einen CD-Laden, der sogar Eingang gefunden hat in meinen Reiseführer. Wahrscheinlich hat er es auch bei anderen derartigen Büchern geschafft, denn prompt ist er auf landestypische (Volks-) Musik ausgelegt und man trifft neben Einheimischen auch nennenswert viele Touristen. Egal, er ist genau das Richtige für mich. Deshalb nichts wie hin! Neben unzähligen CDs finde ich dort auch eine herrlich anarchische – „Hörtheke“ würde man in Deutschland hochtrabend sagen. Hier ist es einfach eine gemütliche nach isländischer Manier zusammengesuchte Sofa-Ecke mit 5 – 7 Disc-Men oder kleinen Ghettoblastern samt Kopfhörer. Der Chef schafft es sogar noch, mir und den anderen Hörern einen Espresso zu servieren - kostenlos. Ah… Ich glaube, ich habe fast zwei glückliche Stunden dort verbracht.

 

12tónar, Skólavörδistigur 15, Reykjavík
12tónar, Skólavörδistigur 15, Reykjavík

 

Wisst ihr, was das ist? Das bin ich. Im Kino – in Villis Kino und ich schaue gerade einen Vulkanfilm. Den hat Villi selbst gedreht, denn er hat sich –wie sein Vater auch- auf ein in Island krisensicheres Sujet spezialisiert: Vulkanausbrüche. Wann immer es grummelt und Feuer spuckt auf dieser Insel, waren Villi und/ oder sein Vater zur Stelle und haben die Kamera draufgehalten. Ziemlich modern eigentlich. Wenn das nicht ging, weil gerade alle Vulkane schliefen, haben die beiden ihr Kino aufgebaut. Sehr liebevoll haben sie das getan und mit viel Liebe zum Detail. Alte nostalgische Ausrüstungsgegenstände stehen im einfach bestuhlten Kinosaal, vom fellgefütterten Stiefelpaar bis hin zu unhandlichen Kameras und Stativen alles, was halt so dazu gehört zum Filmen in Island. Im Foyer befinden sich vulkanische Steine aller Art: Lapilli, Basalt, Kissenlava, Lavabomben… was auch immer es da noch so alles gibt. Riesige geologische Karten und Fotos hängen an den Wänden. Und mittendrin steht Villi und erzählt, vor der Show, nach der Show, eigentlich immer, wenn kein Film läuft. Er ist kein Showmaster, er steht einfach da und erzählt oder beantwortet Fragen. Nicht zu vergessen die Filme! Wegen denen bin ich doch überhaupt hier! Beeindruckende, teilweise alte bewegte Bilder von den großen Vulkanen des Landes: Krafla, Hekla, Askja und Heimaey. Untermalt werden sie von lebendigen Geschichten rund um die Ausbrüche, die Villi, sein Vater oder die am Vulkan lebenden Menschen erlebt haben. Wie schön ist es doch, hier im sicheren Kino zu sitzen und den großen Gefahren dieser Naturgewalten zu trotzen!

Der Besuch bei Villi ist also ein rundum gelungenes Ereignis, das ihr euch nicht entgehen lassen solltet, wenn ihr auch nur ein bisschen Zeit in Reykjavík habt.

 

Villi und ich im Foyer seines Red Rock Cinema, Hellusund 6a, Reykjavík
Villi und ich im Foyer seines Red Rock Cinema, Hellusund 6a, Reykjavík

Infos:

12tónar - CD-Laden
Red Rock Cinema
bei TripAdvisor

 

In Island war ich im August 2014.