"Die spielen da Golf! Direkt neben der Autobahn!" Eulenweit drehe ich meinen Kopf zurück in Richtung Fahrbahnrand und tatsächlich: Im letzten Moment sehe ich aus den Augenwinkeln eine golftypische Schwungbewegung, ein Mensch mit einem langen dünnen Schläger. Meine Mitfahrer und ich amüsieren uns. Was ergreift man in Deutschland für Vorsichtsmaßnahmen, damit ja kein Golfball auf die angrenzende Landstraße fliegt. Hier schert sich offensichtlich kein Mensch darum. Und schließlich wundern wir uns ein bisschen darüber, dass man im sozialistischen mittelamerikanischen Land ausgerechnet Golf spielt. Aber ich habe gelernt: Die Wege der Zweibeiner und ihrer Hobbies können sehr verschlungen sein. Und so blicke ich wieder aus dem Fenster und sehe die Landschaft an mir vorüber ziehen.
Im Laufe der Zeit beobachte ich: Auf der Autobahn sind die gleichen Fahrzeuge unterwegs wie auf den Landstraßen. Man hat aber viiiiiiiel mehr Platz, weil die Richtungsfahrbahnen getrennt sind und 2 bis 3 Spuren haben. Das ist auch wichtig, weil man dann den Schlaglöchern besser ausweichen kann. Manchmal ist der Mittelstreifen auch asphaltiert. Ich glaube, dann ist die Autobahn so breit, dass ein Flugzeug darauf landen kann. Teilweise gibt es auch einen mehr oder weniger befestigten Seitenstreifen. Auf dem oder auf der rechten Fahrbahn stehen immer mal Verkäufer mit einem kleinen Grill für einen Imbiss bereit, andere verkaufen Zwiebeln oder – Geier. Zumindest einer hatte tatsächlich einen Geier an den Füßen gepackt und hielt ihn kopfunter hoch. Landschaft, Fahrzeuge und Straßenbilder ziehen weiterhin an mir vorbei. Autofahren mag ich. Ich kann schön die Flügel hängen lassen und entspannt und neugierig zugleich aus dem Fenster schauen.
Irgendwann fällt mir auf: Sowohl an der Autobahn als auch an Landstraßen oder in Dörfern an einer Kreuzung sammeln sich Menschen zu kleinen oder sogar zu veritabel großen Haufen an. Meist stehen oder sitzen sie an schattigen Plätzen, es scheint also länger zu dauern. Worauf warten die bloß? Schließlich flattere ich in einer Fahrpause auf eine freundlich scheinende Kleinfamilie zu und frage krächzend nach. Und das erfahre ich:
Ihr wisst ja: Bei einer Fotostory die Bilder anklicken.
Und natürlich dürfen in einer Reportage über den kubanischen Verkehr auf allergarkeinsten Fall die guten alten Oldtimer fehlen. Sie stammen fast alle aus den 1950er-Jahren, haben allerdings auch neue Teile eingebaut. In dieser Zeit machten sich die Amerikaner auf der Insel breit und importierten sie. Seitdem hatten die Kubaner immer zu wenig Geld, um sich neuere Autos zu kaufen und deshalb reparierten und reparieren sie wie die Weltmeister mit den Teilen, die ihnen zur Verfügung stehen.
Und die merkwürdigen Golfspieler am Autobahnrand? Die stellten sich ein paar Stunden später als Arbeiter mit speziellen Sensen heraus, die sie tatsächlich wie einen Golfschläger schwingen mussten, um das Gras am Fahrbahnrand zu mähen.
Infos:
In Kuba war ich im Dezember 19.