Ja! Ich will!

Brautmoden

 

Schon beim ersten Bummel auf fiel mir auf: Wann immer ich in ein Schaufenster eines Bekleidungsgeschäftes guckte, sah ich doch tatsächlich - BRAUTKLEIDER. Und zwar jedes Mal! Wirklich jeder Laden hatte eine von Rüschen, Satin, Tüll und Schleppen in glitzerndem Gold und Weiß geprägte Abteilung. Spätestens bei der Busfahrt vom Edirnekapı zurück in die Altstadt blieb mir der Schnabel offen stehen: Alle Läden hatten Schaufenster im ersten Stock und alle Schaufenster im ersten Stock waren mit weißen Zuckergusskleidern dekoriert. So viele Modelle wie in dieser einen Straße gibt es in ganz Deutschland nicht!

 

 

 

 

Daher habe ich die Bilder.

Apropos: Warum heiratet ihr Menschenfrauen in weiß? Ich würde in schwarz heiraten, ist eleganter und vor allen Dingen praktischer. Na, egal. Schließlich wurde mir klar: Brautkleider verkaufen sich noch und nöcher! Ja, was ist denn das? Ich dachte immer, dreimaliges heiraten und scheiden lassen wäre eine Spezialität des westlich geprägten Kulturkreises.

 

 

Am Ägyptischen Basar
Am Ägyptischen Basar

 

 

Klar weiß ich: Dies ist eine Stadt zwischen Orient und Okzident. Aber ich weiß auch, dass der kapitalistische Einfluss erst von wenigen Jahrzehnten begann. Sollte er so dermaßen um sich gegriffen haben, dass die Istanbuler Heirats- und Scheidungsquoten die Nordamerikas übersteigen? Aber viele Frauen hier in der Altstadt sehen durchaus konservativ aus. Rabenschwarz gekleidet wie ich, allerdings bekopftucht und keine gelben Füße.

 

 

Regen hat auch seine schönen Seiten.
Regen hat auch seine schönen Seiten.

 

 

Eine Lösung dieses Rätsels bahnte sich an, als ich in einem Tourirestaurant in der Nähe der Hagia Sofia saß. (Als Reiserabe bin ich letztendlich doch nur ein Tourist.) Es regnete junge Elstern und ich saß unter der Markise quasi fest, denn schließlich bin ich kein Schwimmvogel. Da nicht alle Tage ein kleiner Plüschrabe im Restaurant sitzt und genüsslich klebrig süßen Tee trinkt, kam ich mit meiner Tischnachbarin ins Gespräch. Sie lebt in Deutschland, erzählte sie. Jetzt sei sie gerade bei ihrer Schwester zu Besuch, um sich ein Brautkleid zu kaufen. Na, logisch! Da hätte ich auch selbst drauf kommen können! Erstens sind die Kleider hier viel billiger als zu Hause. Zweitens gibt es selbst in meiner von vielen Türken bewohnten Heimatstadt nicht so überbordend verschnörkelte und glitzernde (sprich: herrlich kitschige) Entwürfe. Wenn ich mir jetzt noch vorstelle, dass alle in Deutschland lebenden Türkinnen –ja, vielleicht sogar die „Exiltürkinnen“ aus aller Welt- ihren Hochzeitsanputz hier in Istanbul kaufen… Eigentlich ein Wunder, dass es so wenige Brautkleiderläden gibt.

Noch näher kam ich des Rätsels Lösung sogar erst zu Hause: Ein paar Tage nach meiner Rückkehr erzählte mir eine Freundin, ein kleines hübsches Goldkehlchen, dass wiederum ihre Freundin, eine Türkentaube, allein an ihrer Verlobung drei (!) verschiedene Kleider trägt! Na, das hat ja schon Ähnlichkeit mit einem Chamäleon. Dessen Kleiderwechsel ist allerdings noch viel billiger als ein türkisches Brautkleid.

 

 


Infos:

 

Dort kann man die Brautkleider von oben oder ähnliche angucken und sogar kaufen: http://www.miss-solution.com/de/hochzeit-bilder/brautkleider.html

 

In Istanbul war ich im April 2012.