Was für ein tolles Konzert!

Besuch bei einer Kino-Orgel

 

Für alle, die ein Herz für besondere und originelle Veranstaltungen haben, die nicht jeder besuchen mag, habe ich hier wieder ein ganz besonderes Leckerli.

Ihr wisst: Ich bin ein Rabe und somit unvermeidlich auch ein Singvogel. Was ihr bisher vielleicht nur geahnt habt, ist, dass ich mich genau deshalb sehr dafür interessiere, was und wie ihr Menschen so singt. Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, dass ihr dafür nicht nur euren Schna… quatsch: Mund! Also, dass ihr Melodien auch auf andere Weise erzeugen könnt. Ihr nennt diese Dinger Instrumente. Und mein eingangs versprochenes Leckerli ist ein altehrwürdiges Instrument, das ihr nur noch ganz selten in Deutschland zu hören bekommt, weil es nur noch eine Handvoll davon gibt, die noch einsatzbereit sind: Die KINO-ORGEL!

Eine Kino-Orgel, die noch voll funktionsfähig ist, ist was ganz Seltenes, hat man mir gesagt. Die steht ausgerechnet im schönen Neu-Isenburg im Rhein-Main-Gebiet (die dort Wohnenden wissen, wie schön dieses Städtchen wirklich ist). Und – das allerbeste: Ein bis zwei Male im Jahr darf sich die Kino-Orgel der Öffentlichkeit präsentieren und gibt ein Konzert! Zusammen mit Sven Wortmann (der spielt sie) und Martin Schupp (der singt ab und zu dazu). Das musste ich mir anse… na, eigentlich anhören!

 

 

 

 

Also flatterte ich in der Vorweihnachtszeit ins Gewerbegebiet von Neu-Isenburg. GEWERBEGEBIET, du hast ganz richtig gelesen. Ich hab mich auch total gewundert, aber nach dem dritten Mal hinschauen stand da immer noch „Gewerbegebiet“ und nicht: „Konzertkammer im Historischen Rathaus“ oder so. Na ja, das Grundstück jedenfalls passte in die Umgebung: Nüchterne Firmengebäude und kleine Werkhallen, groß genug zum Fliegen. Ich hüpfte den Leuten in eines der kastenförmigen Häuser hinterher. Aber ach, was erzähle ich so lange, ich lass´ einfach mal Bilder sprechen.

 

 

 

 

Also, du siehst, das hat ein ganz eigenes Ambiente dort. Das richtige Ambiente für kleine Plüschraben mit seinem Filmteam, aber auch für ganz normale nostalgische Leute. Ein wichtiges Element dafür ist der Weihnachtsbaum samt seinem Schmuck! Aufmerksame Gucker werden ihn im Film bemerkt haben. Der verdient es auf jeden Fall, einmal mit Adleraugen inspiziert zu werden. Leider gab es nur knallbunte Papageien und Gebirgsloris. Keine Raben.

 

 

 

 

Weiterhin wichtig für´s Ambiente und fast genauso originell und ausgefallen sind die Musikautomaten, die dort überall herumstehen. Thomas Richter, der Konzertveranstalter und Besitzer von all diesen Schätzen, ist nämlich Restaurator für mechanische Musikinstrumente. So steht es auf seinem Kärtchen. Was dort nicht steht, ist, dass er diese Raritäten auch sammelt, zusammen mit anderen nostalgischen Dekoartikeln.

 

 

 

 

Ich finde ja, dass ich mich bei dem Thomas Richter mal bewerben sollte, als Krächzeffekt für einen Musikautomaten. Ich würde doch gut aussehen zwischen all den Trommeln, Glöckchen und Pfeifen, oder? Und ich kann auch musikalisch krächzen, nicht nur einfach so… so... na, wie alle anderen halt.

 

 

 

 

Eine Pause gibt es auch und selbst die ist etwas Besonderes. Es gibt Würstchen und Brot, Kreppel und SELBSTGEMACHTEN Glühwein. Literweise! In meiner Vorstellung steht die gesamte Familie Richter einen ganzen Tag lang in der Küche und macht nichts anderes als Orangen schälen und schnippeln. Sehr tapfer! Für jeden Besucher ist genug da und die Pause endet erst dann, wenn alle –auch kleine schwarze verstrubbelte Besucher- mit den Köstlichkeiten versorgt sind. Das dauert dann schon mal eine dreiviertel Stunde. Die Ausgabe ist übrigens mitten in der Restaurationswerkstatt von Herrn Richter, zwischen halben Musikautomaten und Ersatzteilen.

 

 

 

 

Noch eine Sensation: Der Eintritt ist frei! Es wird allerdings um eine Spende gebeten für die Deckung der Unkosten. Die kann man dann in diese entzückenden Sparschweine entrichten.

 

 

 

 

Also, ich finde, diese Sonntagnachmittage dort immer ganz meisenhaft bezaubernd, anheimelnd und herrlich nostalgisch. Sie sind genau das Richtige für die Vorweihnachtszeit. Ich wünsche euch, dass ihr im nächsten Advent Zeit und Muße für die altehrwürdige Kino-Orgel habt und hoffe, dass ihr dann genau so viel Spaß mit ihr haben werdet wie ich. Vielleicht sehen wir uns ja.