Gegensätze ziehen sich an

Wedding/ Pankow

 

Auf dem Plan meiner Freunde standen sowohl Pankow als auch der Wedding, zwei benachbarte Stadtteile, ehemals durch die Mauer getrennt. Gerade von Pankow wurde mir geradezu vorgeschwärmt, also wollte ich unbedingt hin. Kaum etwas blieb an diesem Tag dem Zufall überlassen, denn selbst die Anreise dorthin führte mich schon zu einem Tipp. Der lautete so: Alte Eisenbahnbrücke, am Kreisverkehr Ecke Gartenstr. und Liesenstr. Klang in seiner Schlichtheit spannend.

 

 

 

 

Hat was, nicht? Gerne hätte ich mich dort länger aufgehalten, ich finde, die hat Potenzial für ein paar morbide, großstädtische Fotos.

Das eigentliche Ziel im Wedding war die Wollankstraße. „Da gibt es eine Sehenswürdigkeit, wusste ich gar nicht“, wirst du denken. Nun ja, ich darf erinnern: Es ging bei diesem speziellen Aus-Flug nicht immer um Sehenswürdigkeiten im klassischen Sinne. Aber –ehrlich gesagt- ich finde, das was ich dort zu sehen bekam, war doch eine kleine Sehenswürdigkeit, zumindest dann, wenn man die Beschreibung der Wollankstraße meiner Freundin im Kopf hat. Ihre Großeltern wohnten dort noch zu Zeiten der Berliner Mauer. Von ebendieser wohnten sie keine 200 m entfernt, denn die Wollankstraße führte ursprünglich vom Wedding direkt nach Pankow, unter der S-Bahntrasse hindurch, die die beiden Stadtteile voneinander trennt. Im Zuge des Mauerbaus hat man den Brückenbogen rigoros zugemauert und die Wollankstraße endete dort einfach. Meine Freundin hat als Kind die Straße oft gesehen, wenn sie Oma und Opa besucht hat. Ihre Beschreibung aus Kindertagen klang so: Sie lag im Halbdunkel der Bäume, die über ihr ein undurchdringliches Blätterdach bildeten. Da sie nirgendwo hinführte, fuhren nur wenige Autos auf ihr und das war auch gut so, denn das rumpelige Kopfsteinpflaster machte jedes Auto zu einem minutenlangen Geräuschteppich. Auch Fußgänger waren kaum zu sehen. An den Ecken gab es oft eine… na, ja – Eckkneipe. In denen hockten immer die gleichen traurigen Gestalten an der Theke und suchten Trost beim Wirt. Oder der Thekennachbarin. Natürlich war meiner Freundin klar, dass es so heute nicht mehr aussehen würde. Deshalb sollte ich mal für sie „spionieren“.

Tja, und so sieht es heute aus:

 

 

 

 

Ein Haufen Autos auf der Asphaltstraße, ein Haufen Fußgänger, viele kleine Läden rund um die S-Bahnstation. Auf jeden Fall ist sie wieder eine wichtige Verbindungsstraße zwischen dem Wedding und Pankow und dementsprechend wird sie auch genutzt. Das macht sie nicht wahnsinnig attraktiv, aber das Leben pulsiert. Ein echtes Quartier eben, in dem die Leute leben und sich umeinander kümmern.

 

 

 

 

So, und jetzt: Auf nach Pankow! Dort erwartete ich das genaue Gegenteil: Noble Häuser noch und nöcher. Nahe gelegt wurden mir die Wolfshagener Straße und ganz besonders der Amalienpark. Das ist eine Adresse und keine Grünanlage. Aber das war die Stelle in Pankow, von der mir am meisten vorgeschwärmt wurde. Na, ich war gespannt wie ein Faden im Spinnennetz. Und ich muss sagen: Danke! Danke, dass ihr mich in diese Gegend geschickt habt, dieser Aus-Flug war einer der beeindruckendsten meines Aufenthaltes. Kann ich nur weiterempfehlen an dich, lieber Leser (sofern du mir den Tipp nicht höchstpersönlich gegeben hast).

Das sind die Wolfhagener Straße und ihre Nebenstraßen:

 

 

 

 

Und jetzt staunt über den Amalienpark:

 

 

 

 

Ich fand es sehr schwer, Fotos zu machen, die die ganze Pracht und Hochherrschaftlichkeit des Amalienparks einfangen. Vielleicht hilft euch noch die folgende Erläuterung: Die schmale, majestätisch ruhige Straße umschließt eine kleine Grünanlage und ist rundherum mit diesen Häusern bestückt. Das Ganze wirkt sehr in sich geschlossen, wie eine eigene kleine Welt, noch einmal ruhiger und gediegener als die umliegende Wohngegend. Einen richtigen Eindruck kriegt ihr aber nur, wenn ihr – hinfahrt, es hilft alles nix.

Die Familiengeschichte meiner Freundin führte mich noch weiter nach Pankow hinein, nämlich zum Park und Schloss Niederschönhausen. Dort in der Nähe sei ihr Vater aufgewachsen und sie kannte ein paar Geschichten wiederum aus seiner Jugend. Zu dieser Zeit war das Schloss der Amtssitz des Präsidenten der DDR, das war damals Wilhelm Pieck. Mitten im Park gelegen, wurden Schloss und umliegender Garten durch eine Mauer vom Park getrennt und der Schulweg des Vaters (nicht der vom Herrn Pieck) wurde doppelt so lang, weil er außenherum gehen musste. Welch ein idyllischer Schulweg!

 

 

Die Panke
Die Panke

 

 

Tja, nach diesem Spaziergang durch den Park taten mir mal wieder ordentlich die Füße weh und ich beschloss, den Tag zu beenden. So flog ich "nach Hause" zu meinen Freunden, in deren großem Nest ich mit übernachten konnte. Es war schon immer ein bisschen kuschelig, aber wir rückten so zusammen, dass keiner aus dem Nest fiel.