Wenn wir erklimmen schwindelnde Höhen...*

Die Stadt auf den 1000 Hügeln

 

Da hocke ich nun am Miradouro Nossa Senhora do Monte neben der hausgemachten Zitronenlimonade und genieße den Ausblick über das Zentrum Lissabons. Ah! Für diese Weitsichten liebe ich Portugals Kapitol, bieten sie mir doch Vogelperspektiven im gemütlichen Sitzen an. Immer wieder fallen mir keuchende Touristen auf, die erst wieder zu Atem kommen müssen, bevor sie sich voll und ganz der Aussicht widmen können. Sie kommen die endlos scheinende Treppe aus Richtung der Baixa heraufgestiegen. Nach Luft schnappende Reisende sind typisch für die portugiesische Hauptstadt, liegt sie doch auf einer nie genau bestimmten Anzahl von Hügeln. Die kursierende Zahl 7 stammt wohl eher aus dem Bereich der Legenden, da man Rom nacheifern wollte.

Egal – jedenfalls geht es in Lissabon ständig bergauf und bergab. Einzige Ausnahme sind die Prachtboulevards in der Baixa. Dies hat verschiedene Folgen. Zum einen tauchen völlig unvermittelt immer wieder Plätze mit grandioser Aussicht auf. Da flat... flaniert man nichtsahnend durch steile, enge und teils verwinkelte Gassen und -schwupps!- landet man auf einem ebendieser Miradouros.

 

 

 

 

Zum anderen treibt das menschliche Bedürfnis nach Aufstiegshilfen hier herrlich kreative Blüten. Natürlich gibt es die bereits erwähnten Treppen in unterschiedlichsten Längen, aber auch Breiten. Sind manche von ihnen eher versteckte Stiegen, eignen sich einige regelrecht zum Defilieren zumindest kleiner Flamingokolonien. Doch müsst ihr dafür trotzdem eure Zweibeine und Muskelkraft in Anspruch nehmen.

Anders geartet sind die berühmten Funiculars. Dabei werden Waggons mit Seilen auf Schienen hoch oder runter gezogen (und nicht getragen wie bei Luftseilbahnen). Besonders spektakulär und ungewöhnlich ist der Freiluftaufzug, mit dessen Hilfe die 32 Höhenmeter zwischen Baixa und Chiado überwunden werden. Er ist dem ideenreichen Ingenieursgehirn von Gustave Eiffel entsprungen und wer von euch den bekannten Pariser Turm schon einmal betrachten konnte, erkennt es.

Ich habe sogar eine irre lange Rolltreppe unter freiem Himmel entdeckt! Es war genau so eine wie im Kaufhaus oder in Bahnstationen. Allerdings begegnete sie mir nur ein einziges Mal gleich am zweiten Tag und danach war sie beim besten Willen nicht wiederzufinden. So kommt sie mir fast wie eine Fata Morgana vor, aber dafür war es definitiv nicht warm genug.

 

 

Jedoch haben auch die Aufstiegshilfen durch ihre außerordentliche Beliebtheit bei Urlaubern einen ankergroßen Haken: Lange Wartezeiten. Am Praça de Camoes ist flugs eine halbe Stunde vergangen, bevor ihr in die knallgelbe Tram einsteigen könnt.

Überhaupt -sinniere ich weiter- ist Lissabon keine geeignete Stadt für Fußlahme. Des Öfteren sind die Bürgersteige so schmal, dass ihr kaum aneinander vorbeipasst. Mit etwas Glück reicht es, die Luft aus dem Bauch zu lassen oder andernfalls müsst ihr auf die Straße ausweichen. Da auch diese frequentiert und eng ist, ist das gar nicht so einfach zu bewerkstelligen. Außerdem sind die Gehsteige holperig und löcherig ob des alterschwachen Pflasters. Neben den azulejogekachelten Hausfassaden, anderen Sehenswürdigkeiten und entgegenkommenden Passanten gilt es also auch noch, den Boden im Blick zu behalten. Lissabon hält für Fußgänger doch ein paar kleine Tücken bereit, stelle ich fest.

Und so nuckele ich immer wieder an meiner herrlich erfrischend-säuerlichen Limonade und genieße es, hier ein Fluggast zu sein, der all diesen kleinen Ungemütlichkeiten entflattern kann.

 

 


Infos:

 

* Traditionelles deutsches Volkslied „Bergvagabunden“

 

In Lissabon war ich im April 2025.