Tram, Tuktuks und Touristen

Tourismus

 

Uff, geschafft! Zum Glück kann ich fliegen und zum Glück sind alle Fenster geöffnet, sonst wäre es mir nie und nimmer möglich gewesen, die urige Tram an „meiner“ Haltestelle zu verlassen. Beim Flamingo, war der Waggon voll!

Die allermeisten Menschen da drinnen waren Touristen. Ich liebe diese uralte traditionsreiche Tram und fahre unglaublich gerne damit, aber zu den meisten Tageszeiten ist sie so überfüllt, dass ihr lange Schlange stehen müsst um reinzukommen und ich durch´s Fenster fliegen muss um rauszukommen.

 

 

 

 

„Schade“, denke ich. „Die Tram ist so typisch für Lissabon, quasi ein Alleinstellungsmerkmal. Sie schafft Authentizität. Und jetzt wird sie so dermaßen von Urlaubern geentert.“ Andererseits: Einst diente die Straßenbahn den Lissabonnern wirklich als klassisches öffentliches Verkehrsmittel und machte sie mobil. Doch als 1959 die Metro eröffnete, wurden immer mehr Straßenbahnlinien verkürzt oder ganz eingestellt. Die elétrico lag sozusagen im Sterben. Noch heute kann man kurze ins Leere laufende Schienenschnipsel im Asphalt entdecken. Doch dann kamen die Reisenden und die Straßenbahn erfreute sich bei ihnen einer so großen Beliebtheit, dass einige Streckenabschnitte wieder reaktiviert wurden. Die elétrico wurde durch die Besucher sozusagen wiederbelebt und wäre ohne sie vielleicht gar nicht mehr existent.

 

 

 

 

Faktisch dient die Bahn den Touristen heute als Vehikel zur Fortbewegung und Stadtrundfahrt der besonderen Art. Seit einiger Zeit sieht man auch Tuktuks und Oldtimer, meist bunt und auffällig dekoriert. Sie werden für individuelle Rundfahrten in trauterer Gesellschaft genutzt. „Cool“, denke ich. „Das sind doch originelle Alternativen, die die Tram entlasten.“ Andererseits: Sie haben keinerlei Bezug zu Lissabon. Im Gegenteil – die Tuktuks habe ich als typisch für das ferne Südostasien kennengelernt. Irgendwie verwässern sie die Authentizität der Stadt.

 

 

 

 

Und so scheint mir der Tourismus wie alles auf der Welt gute und schlechte Seiten zu haben. Zum einen kann er die Originalität eines Ortes erhalten, indem er gewachsene lokale Traditionen erhält oder gar wiederbelebt. Zum anderen kann er die Originalität eines Ortes verwässern, indem er fremde bezugslose Traditionen einschleppt. Ich fände es hummelstark, wenn sich Besucher und Tourismusplaner immer die Alleinstellungsmerkmale des Reiseziels vor Augen halten und darauf achten, nur authentische Angebote zu machen bzw. zu nutzen. So bleibt die Welt originell und bunt und Reisen kann weiterhin bilden.

 

 


Infos: 

 

In Lissabon war ich im April 2025.